Ostern in Kenya

Ich sitz wieder im Garten des Penguine House, bin erschöpft und müde und verarbeite gerade die Ausflüge der letzten Woche.

25.3.21: Für die 4 Tage Magado Krater konnten sich dann nur Jimmy und Ian frei machen bzw. begeistern. Ich hatte vorher angekündigt, daß es keine Bezahlung gibt, weil ja alles nur Wanderungen sind, ausgehend vom Camp im Dorf. Sicherheitshalber hab ich aber Antony damit beauftragt, seine Camp-Küchenausrüstung mitzubringen. Wir fahren zu viert also zur Strassenkreuzung in Isiolo. Hier brauchen wir den nächsten Regionalbus nach Cachiuru, unserem Campdorf.

Isiolo shopping

Erst mal Vorräte einkaufen – das Dorf ist äußersten Provinz – da gibt es nix – nicht mal Wasser zu kaufen. Auch du grosser Elefanten-Misthaufen! Ich dachte mir, wir könnten dort wenigstens abends irgendwo einkehren. Nö, absolut kleines Kaff in der trockenen Steppe! Wir kaufen gefühlt zentnerweise ein. Das ganze Zeug zu verpacken stellt uns erneut auf eine Probe. Wir sind ja fast nur mit Tagesrucksäcken und einem Packsack unterwegs. Das ist allerdings nicht nur unser Problem sondern auch die Mitfahrer im „Landcruiser“ haben zu viel und schlecht verpacktes Zeug. Das muss alles mit. Von dem frühen Start in Nanyuki ist auch nicht mehr viel übrig. Mit der  Einkauferei ist es in Isiolo inzwischen locker Nachmittag geworden.

Wir sind gut bepackt!

Anfangs wollte man mich die ganze Zeit auf einen der Sitze puschen. Schliesslich erklärt man uns eine halbe Stunde später, daß in dem Jeep für uns vier und all unser Gepäck heute kein Platz mehr ist. Ein Betrunkener führt uns, zieht uns, die Strasse entlang weiter zu einem Bus. Der fährt wohl auch heute da hin! Nach einigem Hin und Her und erneutem Gepusche kauf ich die Tickets. Wir kaufen dann noch schnell 20l Wasser und 5l Limo und hoffen, daß es bald los geht. Gegen „16“ Uhr frage ich mich dann durch. Immer noch liegen „paar“ Mechaniker unter dem Bus. Die sagen einem nix weil sie zu feige sind. Sie müssten ja zugeben, daß sie es heute nicht mehr schaffen.

Gerüstbau um den Bus mit Wagenheber anzuheben! 4Mann

Meine Begleiter muss ich auch anstoßen,  nicht nur nachzufragen, sondern aktiv über Alternativen nachzudenken. Es wird klar, der Bus fährt heute nicht mehr. Wir lassen das Gepäck im Busoffice und gehen los um Infos in Isiolo zu finden. Jetz kommts: Die Strecke nach Cachiuru darf von Privatfahrzeugen nur im Konvoi gefahren werden. Is die Strasse den so schlecht? Es is schon Roughroad aber es geht auch mit Escorte. Die Sicherheitslage is in dem Gebiet so beschissen. Stammesrivalitäten und Kämpfe um Weidegründe lähmen anscheinend halb Kenya. Nahh, dann können wir dort ja auch weder Campen noch einfach so drauf los trekken.

So schnell stirbt also mein nächstes Projekt und das, wo wir gerade alles dafür eingekauft haben. Sind den meine Begleiter nicht in der Lage, sich oder anderen schon vor dem Einkauf die richtigen Fragen zu stellen. Frust! Ich verspüre ein gewaltige Reisemüdigkeit aufkommen. Alles muss ich in die Hand nehmen, nur das schwere Gepäck, damit kommen sie wirklich gut zurecht und mit Routine. Woher sollen sie auch Reiseroutine haben? Alles läuft auf Geld verdienen hinaus und nicht auf Geld ausgeben. Eines lernen die Menschen hier auch nicht – eigene Ideen entwickeln und verwirklichen. Ideen muss man sich leisten können.

Meinen Frust baue ich mit einer „Agressionsshow“ ab. Diese Show zieh ich gewaltig durch. Erst kümmern wir uns um  Zimmer für die Nacht und dann holen wir unser Gepäck vom Busoffice. Die haben doch glatt zugesperrt. Ich mach – passend zu meiner Stimmung – klein bischen Krawall und schon wird jemand angerufen um aufzusperren – bei etwas Wartezeit lege ich mir eine Strategie zurecht. Kaum is offen setz ich mich in den Chefsessel und verlange mein Geld zurück. „Was ihr da abzieht is Beschiss und gestohlene Zeit! Ihr wusstet genau, daß der Bus heute nicht kann!“ Die ganze Show zieht sich hin und ich reagiere meinen Frust wunderbar ab. Das brauche ich jetzt. Endlich kommt die Chefin des Office und langsam werden auch andere Kunden sauer. Nur meine Begleiter tun mir jetzt etwas leid. So hat mich noch keiner von ihnen erlebt. Es geht um horrende 12€. Es ist Showtime! Es ist Theater genau jetzt, wo Kultur in Europa heruntergefahren ist. Ich mach in Kenia meine eigene Show und es funktioniert. Bevor noch Alle rebelisch werden, zieht mich die Chefin aus dem Office raus und zahlt die  Tickets zurück. „Zwei“ Stunden Show und wir haben uns alle ein Bier verdient. Schon ist mehr Geld ausgegeben als verdient und meine Jungs bekommen auch wieder lockere Stimmung. Kenya erreicht ein Unentschieden gegen Ägypten und Morgen geht es ersatzweise zum Ololoque.

26.3.21, Witzig, die Kerle sind echt Tekkingprofis und kochen im Hotelzimmer auf dem Campingkocher/Kerosin ein Frühstück 😉 Es stinkt im ganzen Hotelflur nach unserer Aktion und keiner wundert sich.

Im Anflug auf Ololoque

Aber jetz packen wir an. Ich hab Platz gemacht in meinem Rucksack was geht und der Rest wird auch irgendwie geschultert und zum Matatu gebracht. Aufklärung krieg ich wieder keine. Das Matatu fährt nur bis Archers Post – erfahre ich in Archers Post. Hey – wie stellen sich die das in dem Kaff vor. Da fährt doch nix. Wir hätten schon in Isiolo kucken müssen! Mit Verhandelei fährt uns das Matatu dann privat und teuer weiter zum Basiscamp des Ololoque. Ich bin ausgelaugt. Den Berg, die Tour kenn ich ja schon. Hab ich schon im November 2020 drüber berichtet. Ein Unterschied – es ist nicht mehr Grün. Alles hier ächzt unter der Dürre.

Camp auf dem Berg
Im Sabache Camp

Zum Glück ist am Montag, 29.3.21, ein Minibus mit Antonys Familie für uns gechartert. Der holt uns gegen Mittag in der Nähe des Camp ab. Nach dem Jimmy und Ian nach Isiolo zurückgebracht wurden, fahren wir zu unserem Domizil, dem Lion Cave Camp. Einen gemütlichen späten Nachmittag lang freu ich mich über die Freude von Antonys Geschwister und seiner Mum. Die kommen nie raus. Es gibt selbst jetzt, in den 7wöchigen Ferien normaler weise keinen Ausflug.

Lion Cave Camp
Happy Family

Und da ist noch etwas Unvorstellbares. Diese kenyanischen Kinder sehen von ihrer eigenen Natur weniger als unsere Kinder daheim in Europa. Fernsehen ist zu teuer und die Parks und privaten Conservancy sind unerreichbar und unerschwinglich. Da soll sich ruhig unser westliches dekadentes Touristengschwerl darüber aufregen, daß sie höhere Eintrittspreise als Einheimische bezahlen. Es würde ihnen gut tun, in solchen Verhältnissen zu leben, wie die Mehrheit der Bevölkerung hier.

Antony hat noch vor 15 Jahren Elefanten in der Umgebung ihres Heimes erlebt aber selbst das ist lang her. Als er mir davon erzählt hat, daß seine Geschwister diese aber höchstens aus Schulbüchern kennen, stand mein Entschluß schnell fest. Ab in die Samburu- & in die Buffalo Springs National Reserve. Wau, kaum im Gelände fahren wir um ein paar Sträucher herum und plötzlich liegen zwei Löwen, Mama mit einem Jungtier, neben unserem Kleinbus. Glück muss der Mensch haben. Und wir hatten noch mehr davon – Elefanten, Oryx, Impala, Leopard, Grand Gazell, natürlich Zebras und Warzenschweine.

Für uns alle war der Buffalo Spring am 31.3.21 eine wunderbare Überraschung. Gerade sind die Elefanten abgezogen und wir können hier unsere Mittagspause verbringen. Darf man aussteigen? Sind evtl. Löwen in der Nähe? Stellt die Pavianherde eine Bedrohung dar? Erst checken unser Fahrer und ich mit dem Fernglas das Gelände – dann Mittagspause – Mama hat Antony als Kind immer das Schwimmen verboten. Hier will er aber jetzt beweisen, was er vor Kurzem gelernt hat. So konnte schließlich Alice ihre Kinder nicht mehr davon abhalten, noch dazu bei der Hitze, in den Quelltopf zu springen. Jetz wollten die Kinder schwimmen auch lernen und Spass im Wasser haben. Es reift eine neue Idee in mir.

Nach Buffalo Spring fahren wir relativ früh zurück ins Lion Cave Camp. Ich möchte mit den Kleinen noch etwas in den Felsen am Fluss rumklettern. Für sie ist es ein fast nicht endender Spass und Abenteuer am Bande. Natürlich is auch Antony dabei. Schliesslich erleben sie ihn jetzt in seinem Job.

Für Alice und die kleiner Tochter Susanna wird es auf der Heimfahrt nochmal dramatisch. Ich hab kurzer Hand den Canopywalk mit eingebaut. Mama Alice schafft es leider nicht, hier ihre Höhenangst zu überwinden doch Susanna schlägt sich tapfer und bezwingt zumindest auf dem Hinweg ihre Ängste. Für den kleinen Jackson und die grosse Schwester Mary stellt die Hängebrücke in den Baumwipfeln eher eine spassige Sache dar. Selbst hier, von diesem Ort nahe ihrem Zuhause, hatten sie keine Ahnung.

Ich glaub, wir müssen noch einen Ausflug miteinander machen.

Ein Gedanke zu „Ostern in Kenya“

  1. Lieber Bodo,
    immer wieder spannende Geschichten, wobei ich Dich gerne in der Hauptrolle des 2stündigen Dramas „Bodo das HB-Männchen“ gesehen hätte. Nein, wahrscheinlich hätte ich es nicht ausgehalten und Dir die 12€ gegeben… Irgendwie ist es schon komisch. Jetzt kennst Du die Mentalität der Kenianer schon so gut und ärgerst Dich doch noch über deren Unvermögen. Wird wahrscheinlich nicht das letzte Mal gewesen sein. Hab weiter eine Gute Zeit und pass auf Dich auf.
    Filippo
    @Bernd, grüße Dich auch ganz herzlich!

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